...nicht hundert, aber es sind inzwischen drei Jahre, dass ich alleine lebe. Dass ich jemals wieder mit jemandem freiwillig eine Wohnung teilen werde, das kann ich mir nicht mehr vorstellen. (Ganz im Gegenteil: "Ich fühle mich zu Hause, erst wenn ich alleine bin. Das kann auch in einem Hotelzimmer sein." Genau wie die Emine in Mungans Geschichte Judasblüten in Adanas Hitze.)
Am nächsten kam ich zu der Vorstellung, nicht mehr alleine leben zu können, vor ein paar Monaten. Mitte Dezember war es. Der Ehemann war, wie unser Verkehr aufgeflogen war, aus der Wohnung rausgeschmissen, und nachdem klar war, er musste tatsächlich für eine Weile aus dem Leben seiner Frau raus (am Anfang nahmen wir das nicht so ernst, und er versuchte ja alles, um zu Hause zu bleiben), spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, zu mir zu ziehen. Sein Vorschlag auf mein "Du. Du hast meine Wohnung gesehen..." war, sein wichtigstes Hab und Gut bei seinem Freund in der Villa zu deponieren, und aber seine Zahnbürste und Ähnliches bei mir.
Ich schlief in dieser Nacht dieses Telefonats nicht gut, und am nächsten Morgen brauchte ich doppelt so lang der heißen Dusche. Panik überkam mich. Wie sollte ich ihm erklären, dass ich nicht einmal eine Übernachtung vertragen kann, geschweige denn... (Ich find' mich in Shanes "I don't do sleepovers..." sehr gut wieder, z.B.)
Wie sich das Blatt wenden kann... In 12 Stunden hatte er sich die Sache genauer durch den Kopf gehen lassen, meinem Rat des Alles-Überschlafens gefolgt, und hatte auch noch beim Auszug aus der Wohnung dem vorerst einmal letzten Wunsch seiner Frau "Versprich mir, du wirst sie nie wieder sehen!" eingewilligt. Wie er mich anrief, um mir das alles mitzuteilen und von uns Abschied zu nehmen, war allerdings mein einziger Wunsch jemanden in der Wohnung zu haben, und zwar einfach so. Ich hatte 10 Minuten vor seinem Anruf von dem plötzlichen Tod von O. erfahren und das Letzte was ich gerade vertragen konnte, war Alleinsein in meiner Wohnung. Vor allem wie es jetzt langsam dunkel wurde.
Half nichts. Er und ich verabschiedeten uns am Telefon. Ich legte auf, und überlegte mir, wohin ich flüchten könnte. Asyl gewährte mir schließlich L. Ich durfte die Nacht bei ihm verbringen. (Das sollte auch das erste Mal sein, wo wir nebeneinander einfach schliefen.)