March 28, 2010

die goldene schere

Ein Friseuerladen ist wahrscheinlich fast überall auf der Welt ein Mikrokosmos. Der für Herren genauso, wie der für die Frauen. In Istanbul kommt dazu, dass eine Frau in der glücklichen Position ist, hauptsächlich von Männerhand behandelt zu werden. Glücklich, denn: Wie oft kommt es vor, dass ein Mann einer Frau die Haare wäscht, eincremt, den Kopf massiert und ihr dabei auch Fragen über sie stellt, Meinungen und Empfehlungen abgibt - ihr ja in doppelter Hinsicht den Spiegel vorhält?

Nachdem auch die wenigsten schwul zu sein scheinen, kommt da durchaus vor, dass von den männlichen Zauberfingern Funken zu den weiblichen Haarwurzeln überspringen. Öfter als ich mir dachte, als ich mich von meinem Friseur zu einem Zwischenspiel verführen ließ. Er war zwar nicht mehr der Lehrling, aber auch noch nicht der Meister; auf jeden Fall jung und auffällig mit seinem eindringlichen Blick und dem Look wie der vom Tarkan...

Damals im Sommer ließ ich mich noch im Hinterzimmer des Friseurladens auf ein Rendezvous mit ihm ein, heute in die Hände eines Anderen. F. arbeite nicht mehr dort, heißt es.

March 24, 2010

yes means no

Wieder eine alte Sex and the City-Folge und wieder kommen Erinnerungen auf: Aidan fragt Carrie auf einer New Yorker Straße und auf seinen Knien, ob sie will. Sie, unter dem Eindruck des Rings und dem Zauber des Moments, zögert nur kurz und sagt Ja. Alle wissen, sie will nicht und wird nicht Aidan heiraten.

Genauso kam es bei mir vor ca. zehn Jahren: Es war nicht auf einer New Yorker Straße, sondern in seiner Londoner Wohnung, wie Steve auf seinen Knien mir einen Ring in den Finger steckte und mich fragte. Ich habe nie vorgehabt ihn zu heiraten aber in dem Moment wollte ich Yes gesagt haben. Nach einer Weile war er ob des Mangels der im Normalfall zu erwartenden Begeisterungs- und Vorfreudeerscheinungen meinerseits zwar bisschen beunruhigt. Irgendwann gewöhnte er sich allerdings daran, und zum Schluß kam es soweit, dass ich bei einem Streit mitten in einer Sommernacht den Ring aus dem Finger nahm und in den dichtesten Busch auf der anderen Straßenseite reinschmieß. Noch eine cinematographische Szene, die jede Frau mal erlebt haben muss, war abgehakt.

Er hat das alles übrigens überlebt. Nach unserer Trennung nach ein paar Monaten traf er die nächste Frau. Ich durfte mir die Photos von der barfüßigen Hochzeit an einer australischen Küste anschauen. Jetzt sind sie natürlich geschieden.

March 23, 2010

je t'embrasse très fort

Jemand der von einer Hoch-Zeit kommt und der andere von einer Nieder-Zeit, das geht sich nicht aus. ...eine von mehreren seiner Ausreden, um sich mir abermals zu enthalten, wie ich mal nach einer Feier seine Gesellschaft suche. Meine depressive große Liebe, mein ewiger Melancholiker, meine Amour Fou.

Unter Journalisten geht ... die Rede, mehr als Pariser Korrespondent könne der Mensch nicht werden. steht an einer Stelle in dem Buch von Rudolph Chimelli, das er mir neulich für meine Reise geschenkt hat. Ein weiteres Paris-Buch sagt in seinem Vorwort: Wenn man in Paris Frau gewesen ist, kann man es nirgendwo anders sein. Das Erstere war er längst, das Letztere steht mir erst bevor. Dies alles klarerweise eine weitere Bestätigung seiner Überzeugung über die Diskrepanz unserer Welten: Er am Ende, ich am Anfang.

Diese harte Schale, die er vorgibt zu haben - darunter verbirgt sich ein großes weiches Herz, das bereit ist, jeden Menschen, die ihn braucht, an sich zu drücken. Es ist nur natürlich, dass diese meistens - aber nicht ausschließlich - Frauen sind.

Es war vorgestern in einem wunderschönen Traum, dass wir uns fest umschlungen und einander unsere Liebe beschwört hatten. Wie ich ihm davon berichte, kann er mir ...zwar keine Liebesschwüre versprechen, aber Küsse und Streicheln. Ce soir? Ich willige und er löst seine Versprechen ein. Selbst ein paar Liebeserklärungen gehen sich aus. Heute würde er diese natürlich wieder dementieren. Und dass ich ihn liebe, daran will er auch nie glauben.

March 21, 2010

the ultimate frenchman

Ich bin in Paris-Fieber, die Entscheidung ist gefallen und ich sitze gerade im Cafe der Provinz, also wird es hier heute um französische Männer gehen (und nicht um die österreischen, die mich zu meinem Geburtstag bewusst und unbewusst(!) beglückt haben). Natürlich ist alles mit clichéhaften Vorstellungen beladen. Genauso wie in Österreich nicht alle Männer zuerst ihr Hemd und ihre Hose ausziehen und zusammenfalten (aber manche!), bevor sie mit einer Frau ins Bett steigen (so habe ich ernsthaft in einer türkischen Frauenzeitschrift einmal gelesen mit 18), genausowenig warten die französischen Männer alle darauf, mich jeden Sonntag Morgen mit ofenfrischen Croissants im Bett zu verwöhnen (aber manche!).

Es waren jedoch gar keine schlechten Erfahrungen, die ich mal mit dem jungen Sprachschüler Jean-Martin aus der französischen Schweiz und Francis aus Belgien machte. Dann kamen die Südfrankreich-Tage und alle meine Erwartungen wurden übertroffen. 4 Tage in Montpellier und Avignon reichten um eine private Tour über zwei Tage von Desire zu bekommen (inklusive eines Bades im Gard); für sehr aufregende Stunden mit Nicolas im und am Meer, am Sandstrand; für heimliche Küsse mit, mit - oh, seinen Namen habe ich nie erfahren - im oberen dunklen Stockwerk in dieser einen Bar in der Stadt...

Wie ich meine, werden französische Männer im Allgemeinen den clichés gerecht und die Pariser werden auch ihr Bestes geben, wenn ich einmal dort erscheine. Es muss ja nicht immer Croissant sein. Baguette geht auch.

March 17, 2010

der freie fall

Das Adrenalin-Hormon wird derzeit auch in meinem Körper verstärkt ausgeschüttet - aus mir mehr und weniger bekannten Gründen. Allerdings nicht deswegen, sondern weil gestern sein Geburtstag war, habe ich nach sehr langer Zeit wieder mal an ihn gedacht: an Hans Rezac.

Ich habe ihn kennengelernt auf dem Weg zur Uni. Ich fuhr mit Fahrrad und in shorts an ihm vorbei, wie wir einander zum ersten Mal wahrnahmen. Er lächelte mich aus seinem Mercedes aus an, fuhr dann eine Weile neben mir her, und schlug aus dem Fenster aus vor, dass ich mit ihm mittagesse. Also spritzte ich wiedermal eine Vorlesung und begleitete ihn in den nächsten Gastgarten. Darauf folgte zwar nicht rückblickend aber für meine sehr unerfahrene Wahrnehmung zu damaliger Zeit eine verhängnisvolle Affäre. Ich war damals noch Jungfrau, und das änderte sich während unserer "Geschichte" nicht. Er sagte immer: Nein, schlafen werden wir nicht miteinander, sonst habe ich dich für immer am Hals.
Wenn er nur wüsste...

Auf jeden Fall war und ist er der Mann, mit dem ich den größten Altersunterschied gehabt habe. Ich war damals 20. Er 49. (Danach kommt L. mit einem Altersunterschied von noch 26 Jahren, ab übermorgen wieder 25.) Hans blieb auch 49. Er verabschiedete sich nach sechs Monaten, nachdem wir uns kennen-, lieben- und hassenlernten Richtung Südpol. Am 7. Dezember 1997 erfuhr ich im Fernsehen von seinem Tod: sein Fallschirm war nicht aufgegangen.

March 14, 2010

home alone

...nicht hundert, aber es sind inzwischen drei Jahre, dass ich alleine lebe. Dass ich jemals wieder mit jemandem freiwillig eine Wohnung teilen werde, das kann ich mir nicht mehr vorstellen. (Ganz im Gegenteil: "Ich fühle mich zu Hause, erst wenn ich alleine bin. Das kann auch in einem Hotelzimmer sein." Genau wie die Emine in Mungans Geschichte Judasblüten in Adanas Hitze.)

Am nächsten kam ich zu der Vorstellung, nicht mehr alleine leben zu können, vor ein paar Monaten. Mitte Dezember war es. Der Ehemann war, wie unser Verkehr aufgeflogen war, aus der Wohnung rausgeschmissen, und nachdem klar war, er musste tatsächlich für eine Weile aus dem Leben seiner Frau raus (am Anfang nahmen wir das nicht so ernst, und er versuchte ja alles, um zu Hause zu bleiben), spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, zu mir zu ziehen. Sein Vorschlag auf mein "Du. Du hast meine Wohnung gesehen..." war, sein wichtigstes Hab und Gut bei seinem Freund in der Villa zu deponieren, und aber seine Zahnbürste und Ähnliches bei mir.

Ich schlief in dieser Nacht dieses Telefonats nicht gut, und am nächsten Morgen brauchte ich doppelt so lang der heißen Dusche. Panik überkam mich. Wie sollte ich ihm erklären, dass ich nicht einmal eine Übernachtung vertragen kann, geschweige denn... (Ich find' mich in Shanes "I don't do sleepovers..." sehr gut wieder, z.B.)

Wie sich das Blatt wenden kann... In 12 Stunden hatte er sich die Sache genauer durch den Kopf gehen lassen, meinem Rat des Alles-Überschlafens gefolgt, und hatte auch noch beim Auszug aus der Wohnung dem vorerst einmal letzten Wunsch seiner Frau "Versprich mir, du wirst sie nie wieder sehen!" eingewilligt. Wie er mich anrief, um mir das alles mitzuteilen und von uns Abschied zu nehmen, war allerdings mein einziger Wunsch jemanden in der Wohnung zu haben, und zwar einfach so. Ich hatte 10 Minuten vor seinem Anruf von dem plötzlichen Tod von O. erfahren und das Letzte was ich gerade vertragen konnte, war Alleinsein in meiner Wohnung. Vor allem wie es jetzt langsam dunkel wurde.

Half nichts. Er und ich verabschiedeten uns am Telefon. Ich legte auf, und überlegte mir, wohin ich flüchten könnte. Asyl gewährte mir schließlich L. Ich durfte die Nacht bei ihm verbringen. (Das sollte auch das erste Mal sein, wo wir nebeneinander einfach schliefen.)

March 13, 2010

bis vor die türe

Wie wir uns das erste Mal kennenlernten, an der Bar, und bis nach Mitternacht (in den nächsten Tag, meinen Geburtstag hinein) dort saßen, da begleitete er mich zum ersten Mal nach Hause. Obwohl ich um die Ecke von der Bar wohne... Obwohl wir zuerst auch noch bei ihm waren (und uns wieder von der Bar und von mir entfernt hatten)... Er bestand darauf, mich nach Hause, zur Tür zu bringen.

Natürlich wollte er an dem Tag auch herein eingeladen werden, was nicht passierte... Er war nicht ganz mein Typ, aber schon so sehr, dass ich mich nicht für immer geweigert habe, mich mit ihm noch einmal zu treffen. Und dann wieder. Und immer wieder. Am öftestesten in und an der Bar.

Die Tage darauf, und Wochen, und Monate, wo es inzwischen klar war, er braucht sich keine Hoffnungen zu machen, mit hinauf eingeladen zu werden, da hörte er nicht auf, nach der Bar für sich einen kleinen Umweg zu machen, und mich nach Hause zu bringen.

Einmal, wie er mir von einer weiteren Bekanntschaft berichtete, die er an der Bar gemacht hatte (die Bar eignet sich einfach dafür, zudem waren wir jetzt gute Freunde geworden, und wir teilten immer öfter die news auf unserem jeweiligen Liebesleben miteinander), und vom Ablauf des Abends, wunderte ich mich, dass er sie nicht auch nach Hause gebracht hatte. Obwohl sie, natürlich, auch von der Gegend war (alle in der Bar sind von der Gegend, ergab einmal eine Umfrage, die ich persönlich - zugegebenermaßen nicht ganz unbetrunken - durchführte). Er meinte, sie war nicht eine Frau zum Nach-Hause-Führen. "Ich schon?" "Ja, du bist eine Frau - dich muss man nach Hause bringen. Es geht nicht anders." Er meinte es gut.

Es war an dem Abend, glaube ich, dass ich dennoch darauf bestand, alleine nach Hause zu gehen. "Heute begleitest du mich nicht vor die Tür!" sagte ich. Wenn ich nur wüsste, dass das unser allerletztes Mal war an der Bar, und an der Kreuzung.

Seitdem brachte mich niemand mehr von der Bar bis vor meine Haustüre. Nicht wenn es ihm einen Umweg bedeutete...

March 10, 2010

sax matters

Gestern traf Carrie (ja, irgendwo sind immer die alten Folgen) einen Jazzer. In der New Yorker Bar hat's zwischen der Bühne und ihrem Tisch gefunkt. Da kamen mir meine eigenen "Bühnenerfahrungen" in den Sinn. An zwei Male kann ich mich erinnern. Das eine Mal am Volksstimmenfest, und nicht weiter beachtlich, das andere Mal sehr wohl:

Eröffnung Jazzfest Wien. RathausPlatz. Sommer 2006. Genau weiß ich nicht mehr, ob zuerst ich auf ihn aufmerksam werde, oder umgekehrt. Auf jeden Fall ist es irgendwann so, dass er seine Musik nur mehr für mich spielt. Nach dem Konzert ergreift er dann als erster das Wort. Wir tauschen schüchtern Namen (und Nummern?) und machen uns einen Treffpunkt für nachher aus. Vorher muss ich mit wem Anderen abendessen.

Auf die mitternächtlichen Umarmungen im Park folgen, aufgrund der Trennung in der selben Nacht (the tour must go on) e-Mails, SMS, chat, Telefonate, ein neuerliches Konzert in Wien, und ein weiteres in Istanbul. Es ist inzwischen Herbst, und alles enthüllt.

...von der Zeit mit ihm bleiben nur noch kleine(!) Erinnerungen, und kurze(!) Nachrichten.

March 8, 2010

good supporting actor

Gestern habe ich nach langer Zeit wieder mit C. von meinem VideoVerleih geflirtet. Er stand im Foyer von meinem LieblingsKino und betreute einen Bücherstand. Niemand kaufte etwas ein, so hatten wir genug Zeit, um uns über Woody Allen zu langweilen (eher er), uns über die Coen Brothers zu wundern (eher ich), und uns über Quantin Tarantino zu ärgern (auch wieder, eher er).

Ein Grund, wieso ich mir DVDs überhaupt ausleihe, ist, dass ich mir jedes Mal, und das sind eher freitags, manchmal auch sonntags - im Geschäft vorstelle, dass da einmal einer zur selben Zeit wie ich herumstehen wird... Sich nicht entscheiden können, welchen Film an dem Abend anzuschauen... Wir werden ins Gespräch kommen... Wir werden das Geschäft gemeinsam verlassen. Es wird eine gemütliche Couch geben. Sushi. Eine fremde Wohnung. Ein guter Film.

March 7, 2010

the vagina dialogues

Neulich gab es auf meinem RadioSender OrgasmusGespräche. "Endlich!" dachte ich mir, denn es ging vor allem um den weiblichen Orgasmus. Mythen wie der vaginale Orgasmus oder die Kunst des Masturbierens, auch Lust waren die Themen. Man merkte richtig den Bedarf und das Interesse zum Austausch. Knappe zwei Stunden an einem Freitag Abend sind nicht ausreichend, aber dadurch dass das Ganze ziemlich öffentlich war, wurden die zu Wort kommenden Frauen immer mutiger. Wahrscheinlich mutiger als in einem privaten Gespräch, denn mit jeder weiteren Wortmeldung kam man darauf, dass man nicht unähnliche Erfahrungen hat im Bett. Und dass man aber von manchen unter ihnen angenommen hat, diese Erfahrungen seien sonderbar (zumeist im negativen Sinne).

Ich bin dafür, dass Frauen ihre Erfahrungen und Weisheiten untereinander austauschen, weshalb meine Freundin T. und ich einmal KüchenGespräche über Orgasmus im 3. Stock unseres FrauenWohnHeims organisieren wollten. Wir haben es nie zustande gebracht, aber ich schaue, dass ich mich mit anderen Frauen so oft wie möglich sachlich über BettErfahrungen austausche.

Wichtig ist auch, dass Männer immer ganz genau mitbekommen, wie es mir mit ihnen im Bett ging. Der Zeitpunkt ist nicht so wichtig, aber lieber früher als später. "Das ist wichtig, dass du das weißt, damit die nächste Frau davon profitieren kann" gab ich neulich altklug von mir - beim Gespräch mit dem Schriftsteller an einer bruxelloise Bar.